Von Juergen Koch:
Augen nach links und grinsen - das hieß es gestern für die meisten Autofahrer, die am Ortseingang von Pfedelbach im Kreisverkehr kreisten. Mittendrin
graste ein mannshoher Stier – feuerrot, Schwanz und Kopf stolz in die
Höhe gereckt.
April-Scherz oder dauerhafte Kreisel-Zier? Von beidem ein bisschen. Auch für Dieter
Schnitzius, Geschäftsführer der Weingärtnergenossenschaft Heuholz,
der über die HZ auf punkt neun zur Kreisel-Taufe geladen hat. Denn mit dem roten Stier als
„Symbol für Taurus-Wein und Rinderzucht in Pfedelbach“ will die WG
der Gemeinde „in Zeiten knapper Kassen unter die Arme greifen“ und
den Kreisel aufwerten. „Immerhin besser als eine Schiffschraube von
einem Kriegsgerät“, sagt Vorstands-Chef Fritz Böhringer und spielt auf
den U-11-Ring in Öhringen an.
Zielsicher Noch warten zwölf Flaschen Taurus und zig Brezeln auf neugierige Taufpaten. Kurz nach
neun nimmt ein Kreisel-Nachbar zielsicher Kurs auf den Stier. „Ein
guter Scherz“, kommentiert er die Aktion, obwohl er den Taurus nicht
zu seinen Favoriten zählt. „Das ist was für junge Leute, ihr habt Besseres
als dieses Gesöff“, schreibt er Schnitzius ins Stammbuch. Noch fehlt der wichtigste Taufpate.
Schnitzius greift zum Handy und ein paar Schluck’ Taurus später lässt
sich Bürgermeister Torsten Kunkel blicken. „Er kommt zu Fuß, dann hat
er schon gewusst, dass es Taurus gibt“, witzelt Schnitzius. „Grober Unfug“, kommentiert
Kunkel die gehörnte Kreisel-Zier und grinst. Von feindlicher Übernahme
des Pfedelbacher Kreisels durch wild gewordene Dachsteiger-Wengerter will er denn doch nicht
reden. „Eine sehr gute Aktion“, lobt er die Eigeninitiative, „wenn ich mir
den Stier auch deutlich größer gewünscht hätte, damit er der Bedeutung
des Taurus auch gerecht wird“.
Aufsichtsrats-Chef Rudolf Bort vernimmt’s mit Freuden und wiederholt
das Angebot: „Wir stellen auf unsere Kosten gerne auch einen größeren und sogar drehbaren Stier auf.“ Doch da zeigt Kunkel, dass er
das ABC der Kommunalpolitik beherrscht.
„Wir werden das in einer
stillen Stunde wohlwollend prüfen“, sagt er und sagt damit doch nichts.
Klebrig Mit Glas und Flasche schreitet Dieter Schnitzius schließlich
zur Tat und tauft den Kreisverkehr auf den Namen Taurus-Kreisel. Ganz schön bäbbig rinnt der
rote Rebensaft am Kreisel-Taurus runter und bleibt als Lache auf dem
Sockel kleben.
„Der Schnitzius pieselt Taurus“, witzelt da der
Schultes.
Abends ist der Kreisel den Stier wieder los. Den haben Schnitzius’
Mannen heim ins Steinbacher Tal chauffiert. „Sicher ist sicher, sonst
landet er bloß noch auf irgendeiner obskuren Party“, meint Schnitzius.
Hintergrund:
Rotwein als Zuckerbombe: Als die WG Heuholz im Jahr 2001 unter dem Namen Taurus ihren ersten
Rotwein mit extrem hohem Restzuckergehalt abfüllte, hatte sie vor allem junge Konsumenten so
genannter Alcopops im Visier. Der Taurus avancierte schnell zum populären
Partygetränk und ist mit 130.000 Flaschen pro Jahr verkaufsstärkster Wein der WG. ko
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